Weltweites Korallensterben infolge von Korallenbleiche ! Ist
das El Niño-Phänomen daran Schuld?
In diesem Kapitel wird das Phänomen der Korallenbleiche
("coral bleaching") und das darauf weltweit einsetzende
Massensterben von Korallen beschrieben. Die verschiedenen Ursachen
für diese Erscheinung werden erläutert, wobei besonders
auf den Zusammenhang zum El Niño-Phänomen eingegangen
wird.
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Die Korallenriffe mit ihrer großen Artenvielfalt ("Regenwälder
der Ozeane") säumen etwa ein Viertel der Küsten
der Erde. Sie sind für uns Menschen in vielerlei Hinsicht
von großer Bedeutung. So sind sie in ihrer Funktion als
natürlicher Wellenbrecher mancherorts kaum mehr wegzudenken.
Auch die Fähigkeit der Korallen Kohlendioxid aus dem Meerwasser
zu binden und damit die Konzentration dieses Treibhausgases
zu reduzieren ist von großer Wichtigkeit. Für die
Zukunft werden die biochemischen Substanzen, welche von Korallenstöcken
gebildet werden, für die Pharmaindustrie (Medikamente)
und die Landwirtschaft (z.B. biologisches Herbizid) sehr interessant
sein (siehe Korallenriffe). Schon
aus diesen Gründen sollten die wertvollen Korallenriffe
nicht durch menschliche Eingriffe (siehe
anthropogene Gefährdungen) und durch die Korallenbleiche
absterben.
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Luftbild vom Großen Barrier Riff
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Das Korallensterben infolge von Korallenbleiche ist eine verhältnismäßig
neuartige Erscheinung. Sie wurde erstmals in den 70er Jahren
bewusst, jedoch mehr regional, wahr genommen. Erst 1987 trat
das "coral bleaching" mit einer größeren
Intensität auf - nämlich am australischen Großen
Barrier Riff, bei Hawaii, den Fidschi-Inseln, den Malediven,
den Bahamas, Jamaica, Puerto Rico und an anderen Orten. In den
Jahren 1997/98 hat die Korallenbleiche zu einem bisher ungekannten
Massensterben von Korallenriffen geführt. So starben in
einigen Teilen des Indischen Ozeans bis zu 90% der Korallen
ab.
Was ist "Coral bleaching"?
Was passiert genau beim "coral bleaching"? Um dies
zu verstehen, muss man wissen, dass Korallen sehr sensible Organismen
sind, die nur in bestimmten Temperaturbereichen (20°-30°
Celsius) existieren können (siehe
Korallenkunde). Die Koralle, welche aus einem winzigen Korallenpolypen
besteht, geht eine lebensnotwendige Symbiose mit einzelligen,
grünbraunen Algen, den Zooxanthellen ein. Von ihnen erhält
der sonst farblose, gallertartige Polyp seine Färbung.
Die Zooxanthellen wandeln mit Hilfe der Photosynthese Wasser
und Kohlendioxid in Kohlenhydrate (Zucker) und Sauerstoff um.
Die produzierten Kohlenhydrate decken die wesentliche Energieversorgung
des Polypen ab.
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Ein ausgebleichtes Korallenriff
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Diese Lebensgemeinschaft reagiert jedoch sehr empfindlich auf
Schwankungen der Wassertemperatur. Die Algen können schon
bei einer Temperaturerhöhung von einem Grad über die
Durchschnittstemperatur des wärmsten Monats in einen Art
Schockzustand verfallen. Die Folge dieser Stresssituation ist,
dass die Algen anstatt Zucker aggressive und giftige Moleküle
produzieren. Der Korallenpolyp stößt daraufhin seinen
Partner ab und die symbiotische Gemeinschaft zerbricht. Nun
fehlt dem Polypen die Nahrung und die Kalkproduktion wird eingestellt.
Der daraufhin farblose gwordene Polyp ist kaum erkennbar und
der Korallenstock nimmt eine weiße Farbe an. Äußerlich
ist dies an einem Farbverlust bzw. Ausbleichen der Korallen
(Ausbleichen = engl. "bleaching") zu erkennen.
Am Grad des Ausbleichens sieht man, wie viele Algen die Korallen
bereits verlassen haben. Wenn die Stresssituation über
längere Zeit (mehrere Wochen) hinweg anhält, verlassen
schließlich alle Algen die Korallen und es bleibt ein
weißes Kalkskelett übrig. Die Korallen sind aus Nahrungsmangel
abgestorben. Je nach Art der Korallen verlassen die Algensymbionten
ihren "Wirt" früher oder später. Bei manchen
Arten kann sich der Algenbestand (Zooxanthellen) wieder erholen,
was jedoch sehr schwierig und langwierig ist. Das Nachwachsen
der Korallen wird dadurch erschwert, dass das verbleibende farblose
Korallenskelett von Schleimalgen, Krusten- und Bohrschwämmen
besiedelt wird. Kürzlich wurde sogar festgestellt, dass
die erhöhte Wassertemperatur nicht nur zur Korallenbleiche
führt, sondern auch deren Fortpflanzungs- und Wachstumsfähigkeit
verringert. Dies verlangsamt eine Besiedlung des alten Lebensraumes.
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Eine ausgebleichte Hirnkoralle
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In einer Greenpeace-Studie, welche von dem Meeresbiologen Prof.
Ove Hoegh-Guldberg - einem führenden Experten für
das Korallenbleichen - verfasst wurde, kommt man zu dem Schluss,
dass sich die Intensität und Häufigkeit des Korallenbleichens
weltweit weiter steigern wird. "Am Ende dieser Entwicklung
stünde die weitgehende Zerstörung der Korallenriffe
in allen Weltmeeren. Bis zum Jahr 2100 wären die Korallen
in den meisten Regionen verschwunden. Heutigen Schätzungen
zufolge würden die Riffe Hunderte von Jahren benötigen,
um sich zu regenerieren." Diese Prognose klingt nicht sehr
ermutigend und soll vielleicht auch als Appell verstanden werden,
dieses Szenario nicht eintreten zu lassen. Um dieser Entwicklung
entgegenzuwirken muss man allerdings die genauen Ursachen für
das Korallenbleichen kennen, um Gegenmaßnahmen ergreifen
zu können.
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